Hier werden fortlaufend all jene Kunstschriftsteller, Biografen und Wissenschaftler kurz vorgestellt, mit denen Willi Baumeister befreundet war, die ihn beeinflussten oder auf sonst eine Weise seinen Lebensweg als Künstler kreuzten.
Luc Bérimont
Der französische Dichter Luc Bérimont (André Leclerq) (1915 bis 1964) studierte zunächst Rechtswissenschaft in Lille, bevor er 1938 mit ersten Dichtungen begann. Am Anfang des Zweiten Weltkriegs kämpft er zuerst in Lothringen, bevor er in der Résistance untertauchte. Nach dem Krieg arbeitete er an französischen Sendungen für Radio Stuttgart in der Eigenschaft eines Verbindungsoffiziers mit der amerikanischen Besatzung in Deutschland. Ebenfalls für den Informationsdienst war Bérimont Urheber zweier Kulturzeitschriften: "Die Quelle" (auf deutsch) und "Verger" (auf französisch). Für eine Ausgabe von "Verger" (1947) schrieb Baumeister den Artikel "Remarques sur les rapports du théatre et de la peinture". Bérimont besuchte Baumeister mehrmals von Baden-Baden aus und wollte eine Baumeister-Ausstellung in Paris arrangieren. Außerdem war es sein Wunsch, dass Baumeister eines seiner epischen Gedichte illustriert. So entstanden sieben Zeichnungen zu "Avant la première journée du monde". Ab 1948 arbeitete Bérimont für das französische Radio. Sein dichterisches Oeuvre umfasste außer Gedichten auch Romane.
Karl Konrad Düssel
Der deutsche Kunstkritiker und Publizist Karl Konrad Düssel (1872 bis 1940) studierte zunächst Medizin und Philosophie, bevor er zum Journalismus wechselte. Zunächst Kritiker beim "Bonner Generalanzeiger", ging er 1916 zum "Stuttgarter Neues Tagblatt", dann kurzzeitig nach Berlin zur "Deutschen Allgemeinen Zeitung". Er wurde bekannt durch sein sicheres Urteil und gab dem kulturpolitischen Teil des Tagblatt sein besonderes Gepräge. Bedingt durch die politischen Verhältnisse schied er 1935 vorzeitig aus der Schriftleitung aus. Gleich zu Beginn seiner Stuttgarter Zeit entstanden Kontakte zu Adolf Hölzel. Er gewann großes Interesse für Baumeister und Schlemmer und äußerte sich positiv über deren Werke. In den 1930er Jahren spielten Düssel und Baumeister wöchentlich Schach. Über Baumeister schrieb Düssel mehrfach. In dem Artikel vom 18.11.1927 "Willy Baumeister nach Frankfurt berufen" warf er der Stuttgarter Akademie Versäumnisse vor. Willi Baumeister schrieb am 23.9.1940 in seinem Tagebuch über Düssel: "Er ist konsequenter Gesinnung bezüglich moderner Malerei. Im fortgeschrittenen Alter urteilt er merkwürdig stark aktiv und jung."
Will Grohmann
Der Kunsthistoriker und Kunstschriftsteller Will Grohmann (1887 bis 1968) verfasste in den 1920-er Jahren Monographien über Kirchner und Kandinsky. In Zeitschriften schrieb er über Klee, Schlemmer und Baumeister. Grohmann war Freund und Wortführer der Avantgarde und wurde 1948 Professor für Kunstgeschichte an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin. Literatur über Baumeister (Auswahl): Monographie in der Reihe "Peintres Nouveaux", Paris; 1952 W.B., Stuttgart; 1963 W.B. - Leben und Werk (engl. Übersetzung New York 1965 - französ. Übersetzung Brüssel 1966). Grohmann verfasste 1954 den Text zu Ottomar Domnicks Film über Willi Baumeister.
Werner Haftmann
Der deutsche Kunsthistoriker Haftmann (1912 bis 1999) war seit 1950 Dozent an der Hochschule für bildende Künste Hamburg und veröffentlichte 1954 ein Standardwerk zur Malerei im 20. Jahrhundert. 1955, 1959 und 1964 war er für die kunsthistorische Oberleitung der documenta I, II und III verantwortlich. 1967 bis 1974 war er erster Direktor der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Wichtige Veröffentlichungen über Deutsche Maler der Gegenwart (1949), Paul Klee (1950), Malerei im 20. Jahrhundert (1954/55), Emil Nolde (1958), Verfemte Kunst (1986). Mit Willi Baumeister und anderen war er Jury-Mitglied in der von der amerikanischen Militärregierung veranstalteten Ausstellung "Kunstschaffen in Deutschland" (1949) in München. Außerdem Korrespondenz Haftmann/Baumeister zur documenta I (1955). Publikationen über Baumeister (Auswahl): W.B., Katalog Wuppertal 1959; W.B. - Ernst Wilhelm Nay, Kunsthalle Basel 1960; W.B. Zeichnungen und Gouachen, Berlin Nationalgalerie 1972; W.B. Gilgamesch, Köln 1976; W.B. Saul, St. Gallen 1976.
Links: offizielle Haftmann-Homepage | Haftmann-Biografie bei wikipedia
Herbert Herrmann
Der deutsche Kunsthistoriker Herbert Herrmann (1906 bis 1966) studierte in München und Berlin Kunstgeschichte, Ägyptologie und Archäologie und promovierte mit "Untersuchungen über Landschaftsgemälde des Peter Paul Rubens". Erste Begegnung mit Willi Baumeister im August 1936, woraus sich eine jahrelange enge Freundschaft entwickelte, in die auch die Familie einbezogen war. Herbert Herrmann half Baumeister unter anderem beim Ordnen seiner Fotokartothek der Bilder. 1940 bekam Herbert Herrmann eine Anstellung in der Wuppertaler Lackfabrik Dr. Kurt Herberts, wo auch Baumeister beschäftigt war, um ein Lackmuseum aus den Sammlungsobjekten von Kurt Herberts aufzubauen. Die Anstellung in Wuppertal endete mit der Einberufung zum Militär im Mai 1941. Herrmann hatte Kontakte zu vielen Künstlern, Publizisten und Galerien. In einem wehrmachtseigenen Projektionsapparat zeigte Hermann Kunstinteressierten Diapositive von Bildern Baumeisters. Ende des Zweiten Weltkriegs übergab ihm Baumeister 44 Zeichnungen nach Textstellen von Saul aus der Bibel, um sie Kunstinteressierten in Paris zu zeigen. Georges Braque hatte sich sehr positiv über die Zeichnungen geäußert. Von allen Seiten brachte Herrmann Grüße und größte Anerkennung aus Paris mit. 1946 - nach Herbert Herrmanns Rückkehr aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft - bezog ihn Willi Baumeister in das Projekt des Buches "Das Unbekannte in der Kunst" als Lektor ein. 1947 eröffnete Herrmann in Stuttgart eine Galerie, die hauptsächlich neuzeitliche Kunst zeigte. Das Signet der Galerie war das Motiv des Läufers von Willi Baumeister. Die zweite Ausstellung zeigte Bilder von Baumeister. Die Galerie schloss im Januar 1949. Herrmann besaß zahlreiche Werke Willi Baumeisters. Von 1953 bis 1955 arbeitete er als Referent im Niedersächsischen Kultusministerium. - Literatur: Rudolf Mayer: "Der Läufer". Die Galerie Herbert Herrmann Stuttgart 1947-1948. Stuttgart 1954.
Hans Hildebrandt
Der deutsche Kunsthistoriker Prof. Dr. Hans Hildebrandt (1878 bis 1957) setzte sich schon um 1910 für die Kunst der Moderne ein und wurde später Professor an der Technischen Hochschule Stuttgart. Während der Zeit des Nationalsozialismus arbeitete er mit Baumeister in der Lackfabrik Dr. Kurt Herberts in Wuppertal an der Publikation "Wände und Wandbild" (erschienen 1953) mit. Zu seinen wichtigsten Publikationen im Zusammenhang mit Willi Baumeister gehören: "Handbuch der Kunstwissenschaft" (1931), " Adolf Hölzel und sein Kreis" (1936 in der Schweiz), "L´Art dasn l´Allemagne d´aujourdh´hui" (1949), Beitrag in " Die schöpferischen Kräfte in der abstrakten Malerei" (1947), Beitrag zur New Yorker Ausstellung " Willi Baumeister" (1952), "Willi Baumeister zum Gedächtnis" (1955).
Kurt Leonhard
Der deutsche Kunstwissenschaftler, Übersetzer und Dichter Kurt Leonhard (1910 bis 2005) war während der Zeit der Nationalsozialisten u.a. im Buch- und Kunsthandel als Nachfolger des emigrierten Curt Valentin in Berlin tätig. Als Kunstschriftsteller war er in der Nachkriegszeit sehr einflussreich. Vom Krieg und amerikanischer Gefangenschaft nach Esslingen verschlagen, vertrat er die Position der ungegenständlich arbeitenden Künstler wie Ida Kerkovius, HAP Grieshaber, Willi Baumeister, Julius Bissier. Zu den wichtigen Publikationen zählen "Die heilige Fläche" (1947), " Augenschein und Inbegriff" (1953), "Wort wider Wort" (1973). In "Die heilige Fläche - Gespräche über moderne Kunst", handelt es sich bei dem namentlich nicht genannten Maler - laut Auskunft von Kurt Leonhard - um Baumeister, von dem darin auch einige Gemälde reproduziert sind.
André Malraux
Der französischer Schriftsteller und Politiker André Malraux (1901–1976) begann früh, sich mit neuer Kunst zu befassen und arbeitete auch für den Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler. Schon 1920 veröffentlichte er Artikel über moderne Literatur und Kunst. 1933 trat er als Redner auf, bei der von André Gide organisierten "Association des Ecrivains et Artistes Révolutionaires". Er traf Leo Trotzki. 1934 nahm er am ersten Sowjetischen Schriftstellerkongress in Moskau teil und traf Stalin.1935 organisierte er zusammen mit André Gide den "Congrès international des écrivains pour la défense de la Culture". Ab Sommer 1936 engagierte sich Malraux aktiv im Spanischen Bürgerkrieg. Im August 1945 traf er Charles de Gaulle. Bis 1946 war Malraux Informationsminister, dann Leiter des Pressedienstes, anschließend wurde er zum Kulturminister ernannt. Es entstanden Bücher über Kunst: 1947-49 "La Psychologie de L'Art", 1953-1955 " Musée imaginaire". Zum 14. Juli 1947 schrieb er in Zürich den Artikel "Der Mensch und die künstlerische Kultur". In "Das Kunstwerk" 1946-1947 antwortete Baumeister in einem Offenen Brief an Malraux "Der Inhalt Ihres Artikels bewegt mich, weil darin eine große Übereinstimmung herrscht mit einem Buch, das ich im Jahr 1943 verfasste ("Das Unbekannte in der Kunst"), als die Umstände mich zwangen, selbst hinter verschlossenen Türen nicht mehr zu malen. ... Sie schreiben: "Die Kraft des Westens besteht im willigen Anerkennen des Unbekannten", und: "Europa hat vor allem die Auffassung betont, dass der große Künstler von Entdeckungen lebt, und dass seine Entdeckungen irrational und mithin nicht vorauszusehen sind." Ich schreibe in meinem Buch: "Während der künstlerischen Tätigkeit weicht der Künstler unmerklich von seinem vorgefassten Ziel ab ... Nur dadurch landet er mit seinem beendigten Werk im Unbekannten. ... Da das Unbekannte völlig unbekannt ist, kann es nicht als Ziel angestrebt werden, obschon zu Beginn jeder Art von Arbeit ein Ziel vorhanden ist. Dieses vorgefasste Ziel erweist sich später rückblickend als Anreiz und Scheinziel. Die großen Entdeckungen und Erfindungen werden nicht im vorgefassten Ziel gefunden." In seiner Eigenschaft als französischer Kulturminister lud André Malraux 1966 zur Vernissage der großen Retrospektive von Bildern Willi Baumeisters im Musée National d'Art Modern in Paris ein.
Heinrich Theodor Musper
Der deutsche Kunsthistoriker Dr. phil. Heinrich Theodor Musper (1895 bis 1976) war von 1948 bis 1963 Direktor der Staatsgalerie Stuttgart. Die Bekanntschaft pflegte er mit Baumeister ab 1933. Es kam zu zahlreichen Begegnungen besonders in der Kriegszeit. 1944 führten Musper und Baumeister zusammen mit Karl Gutbrod Gespräche über Kunst, die dann zur Niederschrift des Textes Das Unbekannte in der Kunst geführt haben. Durch Musper fand gleich nach der Währungsreform eine rege Ausstellungstätigkeit statt. Musper und Erwin Petermann waren während Baumeisters Aufenthalt am Bodensee im Herbst 1945 für dessen Kandidatur als Direktor der Staatlichen Kunstakademie Stuttgart tätig. Baumeister erhielt schließlich 1946 einen Ruf als Professor für Malerei an diese Akademie. Musper verfasste für die Zeitschrift Stuttgarter Leben 1954 den Artikel "Willi Baumeister als Illustrator".
Erwin Petermann
Der große deutsche Grafikkenner Erwin Petermann (1904 bis 1989) war von 1963 bis 1969 Direktor der Stuttgarter Staatsgalerie. Er setzte sich zusammen mit Heinrich Theodor Musper im Herbst 1945 für eine Kandidatur Baumeisters als Direktor der Staatlichen Kunstakademie Stuttgart ein. Baumeister erhielt 1946 einen Ruf als Professor für freie Malerei an eben diese Akademie. Petermann war maßgeblich an dem Zustandekommen wertvoller Stiftungen an die Graphische Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart beteiligt, so etwa die europäische Druckgrafik des Sammlers Max Kade.
Franz Roh
Der deutsche Kunstkritiker, Fotograf und Künstler Franz Roh (1890 bis 1965) promovierte 1920 bei Heinrich Wölfflin und stellte zu dieser Zeit erstmals eigene Foto-Collagen aus. Er schrieb Kritiken für die Zeitschriften " Cicerone" und " Kunstblatt", nach dem Krieg für die in München erscheinende US-amerikanische "Neue Zeitung". Diese Arbeit brachte ihn in näheren Kontakt mit zeitgenössischen Künstlern, darunter Willi Baumeister. Roh gilt als großer Fürsprecher und Förderer der abstrakten Kunst in Deutschland nach 1945 und veröffentlichte zahlreiche Bücher und Beiträge zur deutschen Gegenwartskunst. 1949 kunsthistorischer Berater der Gruppe ZEN 49. 1950 Teilnahme am Ersten Darmstädter Gespräch.
Link: Roh-Biografie bei wikipedia
Michel Seuphor
Baumeister traf mit dem belgischen Kunstkritiker, Maler, Grafiker und Keramiker Michel Seuphor (1901 bis 1999) seit 1924 mehrfach im Kreis um Le Corbusier, Léger und Piet Mondrian und Hans Arp in Paris zusammen. Seuphor schrieb mehrfach über Baumeister. Als Künstler war er Vertreter der abstrakten Richtung.
Links: Seuphor-Biografie bei wikipedia
Heinz Spielmann
Der deutsche Architekt und Kunstschriftsteller Heinz Spielmann (geboren 1930) promovierte über Palladio und übernahm später eine Tätigkeit im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. 1984 wurde er Professor für Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts an der Universität Münster. 1986 bis 1998 war er Direktor des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums Schloss Gottorf, danach bis 2005 künstlerischer Berater des Bucerius-Kunstforums in Hamburg. Die erste Begegnung mit Baumeister erfolgte 1950 während seines Architekturstudiums, das teilweise in den Räumen der Stuttgarter Kunstakademie stattfand. Spielmann bot Baumeister einen Vortrag im Rahmen des Studium Generale über Moderne Kunst an. Spielmann wurde Kurator mehrerer Ausstellungen mit Arbeiten Baumeisters, darunter 1964 "Gilgamesch" in Hamburg, 1993 "Figur und Abstraktion" auf Schloss Gottorf sowie 2005 zum 50.Todestag des Künstlers "W.B. - Figuren und Zeichen" in Hamburg, Münster und Wuppertal. Er verfasste diverse Aufsätze über Baumeister sowie die Werkverzeichnisse der Druckgrafik: 1963 "Die Serigraphien", 1965 " Die Lithographien, Radierungen, Originalgraphischen Plakate", 1966 "Katalog der typographischen Arbeiten", 1972 Sonderdruck " Das Graphische Werk", 2005 "Werkkatalog der Druckgraphik" (mit Felicitas Baumeister).
Links: Interview mit Spielmann im Deutschlandradio
Eduardo Westerdahl
Der spanische Maler und Kunstkritiker Westerdahl (1902 bis 1983) gründete 1932 die internationale Kulturzeitschrift "Gaceta de Arte". In dieser Zeit begann die Freundschaft zu Baumeister, über den er 1934 eine der frühesten Biografien schrieb. Die Verbindung bestand zunächst nur brieflich. Das erste Zusammentreffen fand 1950 auf dem 2. Internationalen Kunstkongress im spanischen Santillana del Mar statt.
Link: Westerdahl-Biografie bei Wikipedia