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Aus­stel­lung im Emil Schu­ma­cher Muse­um Hagen

Aus­stel­lung

Paris 1955
Deut­sche Abs­trak­te im Zen­trum der Moder­ne
13. April bis 3. August 2025

Deut­sche Abs­trak­te in Paris – und das im Jahr 1955! Die im Pari­ser Cer­cle Vol­ney gezeig­te Aus­stel­lung „Pein­tures et sculp­tures non figu­ra­ti­ves en Alle­ma­gne d’aujourd’hui“ war ein ech­tes Novum und wur­de bereits im Vor­feld von den Zeit­ge­nos­sen in Deutsch­land kon­tro­vers dis­ku­tiert. Sie gilt heu­te für die deut­sche Kunst­ge­schich­te als legen­där. Orga­ni­sa­to­ren waren der Pari­ser Gale­rist René Drouin und der Vor­sit­zen­de des West­deut­schen Künst­ler­bun­des Wil­helm Wes­sel aus Iser­lohn.

70 Jah­re nach dem denk­wür­di­gen Ereig­nis wird die Pari­ser Schau erst­ma­lig in einer Muse­ums­prä­sen­ta­ti­on rekon­stru­iert und umfas­send gewür­digt. In der Aus­stel­lung sind wich­ti­ge künst­le­ri­sche Posi­tio­nen der 1950er-Jah­re wie­der­zu­ent­de­cken, die heu­te zu Unrecht nahe­zu ver­ges­sen sind.

Die bemer­kens­wer­te Schau mit 98 Wer­ken von 37 abs­trak­ten Künst­le­rin­nen und Künst­lern ver­sam­mel­te schon 1955 im Cer­cle Vol­ney nahe der Pari­ser Oper nur zehn Jah­re nach Ende des Natio­nal­so­zia­lis­mus die wich­tigs­ten künst­le­ri­schen Posi­tio­nen ihrer Zeit.

Bis dahin war es nach Ende des Zwei­ten Welt­kriegs nur weni­gen deut­schen Künst­le­rin­nen und Künst­lern gelun­gen, Kon­tak­te zu Gale­rien sowie Kri­ti­ke­rin­nen und Kri­ti­kern im Nach­bar­land Frank­reich zu knüp­fen. Wer­ke in Grup­pen und Ein­zel­aus­stel­lun­gen in Paris, der dama­li­gen Welt­haupt­stadt der Kunst, zu prä­sen­tie­ren, ermög­lich­te auf­stre­ben­den Künst­le­rin­nen und Künst­lern wie Bri­git­te Mei­er-Den­ning­hoff, Emil Schu­ma­cher und Karl Otto Götz, aber auch den schon eta­blier­ten Kol­le­gen wie Wil­li Bau­meis­ter, Ernst Wil­helm Nay und Fritz Win­ter nichts weni­ger als einen inter­na­tio­na­len Durch­bruch.

Die Aus­stel­lung im Cer­cle Vol­ney prä­sen­tier­te die Spiel­ar­ten abs­trak­ter Kunst, die in der Mit­te der 1950er-Jah­re in West­deutsch­land ver­tre­ten waren. In der Rekon­struk­ti­on ent­steht somit ein facet­ten­rei­ches Bild der abs­trak­ten Nach­kriegs­kunst, die neben den bekann­ten auch Wie­der­ent­de­ckun­gen von Künst­le­rin­nen und Künst­lern bereit­hält. In der Rück­schau liegt die Beson­der­heit der Aus­stel­lung jedoch nicht nur dar­in, dass Kunst aus Deutsch­land gezeigt wur­de. Viel bedeu­ten­der ist die Tat­sa­che, dass die jün­ge­ren Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer heu­te als die Haupt­ver­tre­ter des Infor­mel gel­ten.

Zu ihnen gehö­ren neben Götz und Schu­ma­cher unter ande­ren die Maler Fred Thie­ler und K. R. H. Son­der­borg oder Bri­git­te Mei­er-Den­ning­hoff und Nor­bert Kri­cke aus dem Bereich der Bild­haue­rei. Ihre Namen sind aus heu­ti­ger Sicht nicht aus der Kunst­ge­schich­te der deut­schen Nach­kriegs­zeit weg­zu­den­ken. Im Jahr 1955 war ihre künst­le­ri­sche Aus­drucks­wei­se noch revo­lu­tio­när. Dass die infor­mel­le Kunst in den 1950er-Jah­ren in Deutsch­land aber noch neu und nicht unum­wun­den aner­kannt war, belegt gera­de die span­nungs­vol­le Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Pari­ser Aus­stel­lung. So wur­de etwa das anti-hier­ar­chi­sche Aus­stel­lungs­kon­zept Wes­sels und Drouins von offi­zi­el­len Stel­len in Deutsch­land mas­siv hin­ter­trie­ben.

Die Aus­stel­lung wur­de schließ­lich ent­ge­gen allen Wider­stands am 7. April 1955 eröff­net und in der fran­zö­si­schen und deut­schen Pres­se begeis­tert auf­ge­nom­men. Den Künst­le­rin­nen und Künst­lern aus Deutsch­land wur­den von stau­nen­den Kri­ti­ke­rin­nen und Kri­ti­kern ein inter­na­tio­na­les Niveau, Viel­fäl­tig­keit und Aus­drucks­kraft beschei­nigt. Drouins und Wes­sels Bei­trag zum deutsch-fran­zö­si­schen Kul­tur­trans­fer ist daher kaum zu unter­schät­zen. Ihnen ist in Paris eine Aus­stel­lung gelun­gen, die zu die­sem Zeit­punkt in Deutsch­land kaum mög­lich gewe­sen wäre.

Für die Hage­ner Aus­stel­lung, die in Koope­ra­ti­on mit der For­schungs­stel­le Infor­mel­le Kunst am Kunst­his­to­ri­schen Insti­tut der Uni­ver­si­tät Bonn, durch Dr. Anne-Kath­rin Hinz als Gast­ku­ra­to­rin gemein­sam mit Rou­ven Lotz, Direk­tor des Emil Schu­ma­cher Muse­ums, kon­zi­piert wur­de, wer­den die Rol­len der betei­lig­ten Insti­tu­tio­nen und Per­so­nen in den his­to­ri­schen Kon­text gestellt. Ins­be­son­de­re das anti-hier­ar­chi­sche Aus­stel­lungs­kon­zept von Drouin und Wes­sel im Cer­cle Vol­ney steht hier­bei im Vor­der­grund.

Die Aus­stel­lung wird wäh­rend eines Zeit­raums von rund vier Mona­ten vom 13. April bis zum 3. August 2025 gezeigt und von einem Kata­log mit Tex­ten von Anne-Kath­rin Hinz, Rou­ven Lotz und Chris­toph Zuschlag – Hard­co­ver, Deut­scher Kunst­ver­lag, ISBN 978–3‑422–80342‑8, € 30,- (im Muse­um) / € 35,- (im Buch­han­del) – sowie einem umfang­rei­chen Rah­men­pro­gramm beglei­tet.

https://www.esmh.de/web/de/esmh/index.html